Über 5.000 Antifaschisten haben gestern über Stunden in verschiedenen großen Gruppen gegen den Naziaufmarsch der Dortmunder Nazis demonstriert. Allein dem skandalösen Einsatz der Polizei ist es zu verdanken, dass Nazis gestern durch Dortmunder Straßen demonstrieren konnten. Der Naziaufmarsch selbst verlor im Verhältnis zum Vorjahr erneut an Teilnehmern. Statt der erwarteten 1.000 Nazis folgten nach Angaben der Polizei nur 763 Rechte dem Aufruf zum sogenannten “Nationalen Antikriegstag”.
Circa 2.500 Antifaschisten reisten in diesem Jahr erstmals in sogenannten Fingern – dies sind Großgruppen, die unabhängig voneinander agieren können – nach Dortmund an. Diese Fingertaktik, deren Ziel es war, die Strecke der Nazis zu blockieren, wird von uns als erfolgreich bewertet, auch wenn es nicht gelang, mit den Fingern die Naziroute zu erreichen. Positiv bewerten wir, dass durch Anwohner_innen und Dortmund Nazifrei insgesamt drei Blockaden errichtet wurden und diese letztlich zur Umleitung der Nazidemo führten.
Überschattet wurde der vielfältige Protest gegen die Nazis durch Willkürmaßnahmen der Polizei. Über Stunden wurde Demonstrierenden der Zugang zu angemeldeten Kundgebungen verwehrt. Ein ganzer Stadtteil wurde hermetisch abgeriegelt, um den Nazis ihren Aufmarsch zu ermöglichen. Weiterhin setzte die Polizei ohne Vorwarnung Wasserwerfer, Pfefferspray, Schlagstöcke, Hunde und eine Reiterstaffel gegen Antifaschisten ein, die sich der Sperrzone näherten. Es gab hunderte Verletzte und mehrere Schwerverletzte. Darüberhinaus nahm die Polizei willkürlich nahezu 300 Menschen fest. Mehr als 50 Minderjährige wurden in der Hitze in Polizeikesseln festgehalten. Bereits im Vorfeld hatte die Polizei versucht, Blockadeversuche zu kriminalisieren und hat von Beginn an auf Eskalation gesetzt. Der Polizeipräsident beharrte verstärkt auf dem Gewaltmonopol der Polizei, nachdem er die zahllosen Angriffe von Nazis in den vergangenen zwei Monaten achselzuckend hingenommen hatte. Wie wenig Antifaschisten von der Polizei erwarten können, wurde auch am Samstag wieder offensichtlich. Bei der Abreise schützte die Polizei junge Nazigegner nicht, als diese im Hauptbahnhof von Nazis angegriffen wurden. Das Friedensfest in Dorstfeld wurde zur gleichen Zeit von Nazis gestört.
“Es ist klar, dass der heutige Polizeieinsatz ein Nachspiel haben muss. Mit dem brutalen Vorgehen gegen Antifaschisten, allein um den Nazis die Verbreitung ihrer menschenverachtenden Propaganda zu ermöglichen, hat die Polizei wieder einmal deutlich gezeigt, dass der Staat im Kampf gegen Nazis kein Partner sein kann”, sagte die Pressesprecherin des Alerta!-Bündnisses, Sonja Brünzels.
Trotz der Polizeigewalt zieht das Alerta!-Bündnis ein weitgehend positives Fazit des heutigen Tages und der vorangegangenen Mobilisierung gegen den Naziaufmarsch. Sonja Brünzels dazu: “Zum einen kann die Zahl der Teilnehmer an der rechten Demo nur als Mobilisierungsmißerfolg der Nazis gewertet werden. Zum anderen konnte mit der erstmals in Dortmund angewandten Fingertaktik eine deutliche Perspektive für eine effektive Verhinderung zukünftiger Naziaufmärsche aufgezeigt werden. Mit mehr Erfahrung mit diesem Konzept ist sicherlich noch mehr möglich. Das Alerta!-Bündnis wird weiterhin auch im Dortmunder Alltag gegen Nazis aktiv bleiben.”
Ein ausführlicher Bericht zu den Ereignissen aus Sicht des Alerta!-Bündnisses folgt in Kürze.
Photo mit freundlicher Genehmigung von PM Cheung
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